Bumble, Tinder, OkCupid, Pure: Auf der Suche nach der großen Liebe habe ich mich als Single gefühlt durch alle Online-Dating-Plattformen geswipt. Bislang ohne Erfolg: Wenn mir nicht gerade Bots ihre Bitcoins andrehen wollen, werde ich meist nach wenigen Nachrichten geghostet. Wie laut Statistiken in 90 Prozent aller Chats auf Tinder. Dates? Reden wir lieber nicht darüber.
Doch Rettung naht: im Metaverse! Eine der größten Verkupplungsplattformen der Welt, Dating.com, wagte diesen September den Sprung nach Decentraland, einem der gehyptesten Games auf der Ethereum-Blockchain. Und verspricht eine “völlig neue Weise der Verbindung.” Sogar einen Wettbewerb für eine virtuelle Hochzeit gibt es. Die Gewinner bekommen … “viele NFTs.” Count me in!
Der letzte Mohikaner in Decentraland
Bevor ich mich ins Metaverse-Dating-Abenteuer stürze, lese ich im Netz: Die erste Heirat in Decentraland war schon am Jahresanfang – ein Glitch-Desaster. Wer kennt es nicht? Einige Teilnehmer sahen die Braut im Kapuzenpulli, andere im Kleid, wieder welche: überhaupt nicht. Ich stelle mir vor, wie der Pastor zum Bräutigam sagt: “Sie dürfen die Braut jetzt küssen” und der ratlos antwortet: “Aber mit welcher Taste?”
Schon bei der Geburt meines virtuellen Decentraland-Alter-Egos liegt ein Hauch von Erotik in der Luft. Wenn ich Merkmale auswähle wie blitzförmige Ohrringe oder orange Kniestrümpfe reagiert er oft mit Ausrufen wie: “Oh, yeah!”, oder “Uhhhh, that’s nice!” Ich entscheide mich für eine klassische Kombo: Schnurrbart, Latzhose, hervorstehende Zähne, zusammengewachsene Augenbrauen. Wer kann da schon widerstehen?
Auf geht’s! Erste Amtshandlung: Geld ins Nichts schmeißen. So wie damals, beim ICO-Boom von 2017. Ein echter Kryptoinvestor eben. Dann begebe ich mich zum Dashboard, wo alle aktuellen Orte und Ereignisse gelistet werden. Ein Apfelernte-Fest? Poker? Golf? Von Dating steht da nichts. Ich schreibe an das Team von Decentraland, erhalte jedoch nie eine Antwort. Dann suche ich eben auf eigene Faust. Wird schon nicht so schwer zu finden sein, oder?

Angeblich sollen sich zurzeit nur 23 Avatare in Decentraland tummeln. Ich treffe niemanden. In vollkommener Einsamkeit wandere ich durch das Metaverse, vorbei an einem Voltaire Kiosk, in dem komische Musik läuft. Da steht: “Go fuck yourself, Russian invaders!” Definitiv nicht die Dating-Area. Eine Tram fährt durch die Gegend. Ich steige ein und lande vor einem Werbeplakat von … Aldi?

Ich entdecke irgendwann die Karte von Decentraland. Viel steht drauf: Einen Hub von Samsung und von Sothebys, finde ich. Aber keine Plattform von Dating.com. Als Nächstes lande ich in Lobsterpolis. Ein kleines Dorf, das ein Pinguin regiert. Er steht in einem Büro mit lauter alten Computerbildschirmen, ohne Rechner. Wo geht’s zur Dating-Plattform? Sag es mir! Der Pinguin schweigt. Ich raste aus.

Meine Suche nach virtueller Liebe endet in einer Pokerhölle. Hier sind immerhin echte Menschen als Avatare anwesend. 300 Stück! Fast schon eine Party. Ich begebe mich an den Kartentisch und frage: “Wo ist die Dating-Area? Ich suche nach Liebe” Antwort: “Definitiv nicht hier.” Ein anderer Spieler gibt mir dann den entscheidenden Tipp: “Schau doch einfach Pornhub.”